Behördengänge ohne Papierstapel, Wartezeiten oder Formular-Dschungel? Klingt wie ein Traum, oder? Doch eine Studie des Alan Turing Institute legt nahe, dass dies keine ferne Utopie ist. Durch die Untersuchung von über einer Milliarde Transaktionen der britischen Regierung zeigen die Forscher, wie viel Potenzial in der Automatisierung des öffentlichen Sektors steckt. Das Ergebnis: Millionen Arbeitsstunden könnten eingespart werden, und die Verwaltung könnte deutlich bürgerfreundlicher werden. Aber was bedeutet das konkret?
Ein Blick hinter die Kulissen der Verwaltung
Die Zahlen sprechen für sich: Jährlich wickelt die britische Regierung etwa eine Milliarde Transaktionen ab. Diese umfassen alles von der Reisepass Antragstellung über die Kfz-Zulassung bis hin zu Sozialleistungen. Die Studie hat 377 unterschiedliche Dienstleistungen von 57 zentralen Behörden unter die Lupe genommen – ein Einblick in die schiere Masse an Aufgaben, die täglich bewältigt werden müssen.
Doch es ist nicht nur die schiere Anzahl der Transaktionen, die ins Auge fällt. Besonders spannend: Rund 143 Millionen dieser Verfahren gelten als komplex, enthalten jedoch einen hohen Anteil an Routineaufgaben. Hier setzen die Forscher an: Gerade solche wiederholbaren Prozesse eignen sich perfekt für die Automatisierung. Laut der Studie könnten 84 Prozent dieser komplexen Transaktionen automatisiert werden, was etwa 1.200 Arbeitsjahre pro Jahr einsparen könnte.
Automatisierung: Wenn Maschinen Routineaufgaben übernehmen
Wie viel kann wirklich automatisiert werden? Laut der Studie könnten etwa 84 Prozent dieser komplexen, routine lästigen Transaktionen von Maschinen erledigt werden. Das bedeutet, dass der öffentliche Dienst Millionen Arbeitsstunden freisetzen könnte – Zeit, die an anderer Stelle dringend benötigt wird.
Stellen wir uns das konkret vor: Anstatt auf einen Termin im Bürgeramt zu warten, könnten Anträge automatisch bearbeitet und Entscheidungen in Echtzeit getroffen werden. Dies würde nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch den Alltag der Bürger erheblich erleichtern. So könnte etwa die Bearbeitung von Anträgen deutlich schneller gehen, während lange Wartezeiten für einfache Behördenangelegenheiten der Vergangenheit angehören. Gleichzeitig würden automatisierte Systeme Fehler minimieren, was die Qualität und Zuverlässigkeit der Dienstleistungen verbessert.
Interessant ist dabei die Erkenntnis, dass bestimmte Bereiche besonders hohe Automatisierungspotenziale aufweisen. Dienstleistungen im Bereich „Fahren und Transport“ sowie „Bildung und Schulung“ gelten laut der Analyse als besonders geeignet für den Einsatz von KI-basierten Systemen. Diese Automatisierung könnte erhebliche Ressourcen freisetzen, die wiederum in komplexere Aufgaben fließen könnten.
Mehr Raum für Menschlichkeit in der Verwaltung
Die Automatisierung wäre jedoch mehr als nur ein Werkzeug zur Effizienzsteigerung. Indem Maschinen sich um die eintönigen, aber notwendigen Aufgaben kümmern, könnte sich das Personal in den Behörden wieder auf seine eigentlichen Stärken konzentrieren: die individuelle Beratung und Betreuung von Bürgern.
Man stelle sich vor, Behördenmitarbeiter hätten wirklich Zeit, um auf die Anliegen der Menschen einzugehen, statt sich durch Formularberge zu arbeiten. Dies würde nicht nur die Zufriedenheit der Bürger steigern, sondern auch das Arbeitsklima im öffentlichen Dienst deutlich verbessern. Ein Gewinn für alle Beteiligten.
Generative KI: Der nächste Schritt in der digitalen Verwaltung
Besonders vielversprechend ist der Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz (KI). Systeme wie ChatGPT haben gezeigt, wie leistungsfähig diese Technologie bereits ist. Im öffentlichen Sektor könnten solche Systeme komplexe Anfragen beantworten, bei der Formularbearbeitung helfen oder sogar automatisiert Behördenbriefe verfassen.
Ein Beispiel: Statt sich durch umfangreiche Dokumentationen zu kämpfen, könnte ein Bürger einfach einen digitalen Assistenten fragen, welche Unterlagen für einen Antrag benötigt werden. Der Assistent würde nicht nur die Antwort geben, sondern gleich die passenden Formulare bereitstellen – vorab ausgefüllt.
Ein weiteres Szenario, das in der Studie beleuchtet wurde, ist die Integration von KI in „niedrig-automatisierbare“ Aufgaben, wie die Bearbeitung von Visaanträgen oder komplexen Unterstützungsleistungen. Hier könnte generative KI nicht nur unterstützen, sondern auch den Arbeitsaufwand für einzelne Sachbearbeiter erheblich reduzieren.
Herausforderungen und Chancen
Natürlich kommt die Automatisierung nicht ohne Herausforderungen. Datenschutz, Transparenz und die Akzeptanz der Bürger spielen eine große Rolle. Doch die Chancen überwiegen: Ein schlanker, digitalisierter Verwaltungsapparat könnte nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Servicequalität erheblich verbessern. Laut der Studie könnte schon eine Einsparung von einer Minute pro Transaktion jährlich bis zu zwei Millionen Arbeitsstunden freisetzen.
Fazit: Auf dem Weg zu einer bürgernahen Verwaltung
Die Ergebnisse der Studie sind ein Weckruf: Die öffentliche Verwaltung hat enormes Potenzial, durch Automatisierung effizienter und moderner zu werden. Besonders generative KI könnte eine tragende Rolle spielen. Doch der Weg dorthin erfordert nicht nur technologische Innovation, sondern auch einen kulturellen Wandel in der Verwaltung.
Es liegt an den Verantwortlichen, die Weichen für eine digitale Zukunft zu stellen – eine Zukunft, in der Behördengänge einfacher, schneller und vor allem menschlicher werden. Die Technologie dafür steht bereit. Jetzt ist es an der Zeit, sie klug einzusetzen.
Link zur Original Studie: https://www.turing.ac.uk/news/publications/ai-bureaucratic-productivity-measuring-potential-ai-help-automate-143-million-uk
Wir in Deutschland sollten uns diese Studie und die Erkenntnisse zu Nutze machen und beginnen diese Technologie nicht als Feind zu betrachten, sondern als das, was sie ist: ein Werkzeug, das helfen kann.